Theologie und Glaube Ausgabe 4/2022

Theologie und Glaube

Jahrgang 112
Ausgabe 4/2022

Mit Beiträgen von Vera Waschbüsch, Bernhard Holl, Rüdiger Althaus und Peter Schallenberg.

 

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser!

Die Beiträge in diesem Heft von Theologie und Glaube bilden verschiedene Themenfelder ab, die auch auf fachübergreifender Ebene von Relevanz sind. Vera Waschbüsch blickt in ihrem Artikel „Miss Marple in göttlicher Mission. Urteilen und Handeln im Sinne der Bibel“ aus literaturwissenschaftlicher Sicht auf biblische und mythologische Motive in den Kriminalromanen von Agatha Christie. Dabei vergleicht sie die berühmte Hobbydetektivin mit dem Propheten Amos und hebt zahlreiche Anspielungen auf christliche Tugenden und Werte in Christies Romanen hervor, die auch auf die moralischen Vorstellungen der Autorin hindeuten. Bernhard Holl untersucht unter historischer Prämisse die andauernde Dominanz der Vorstellung eines mittleren Zeitalters im westlichen Geschichtsdenken trotz valider Einwände gegen die zugrundeliegende Dreiteilung der Epochen, die er in der christlichen Soteriologie begründet sieht. In einem kirchenrechtlichen Beitrag reagiert Rüdiger Althaus auf die Forderung des Synodalen Weges, die Gläubigen in die Wahl des Bischofs mit einzubeziehen. Er zeigt die rechtlichen Vorgaben für eine solche Beteiligung auf und verknüpft diese mit Umsetzungsmöglichkeiten in der Praxis. Bei der anstehenden Wahl des Erzbischofs in Paderborn wird erstmals ein solches Konzept angewendet, weshalb der Beitrag vor diesem Hintergrund von einem besonderen aktuellen Interesse sein dürfte.

Die Rubrik „Kurzbeiträge/Kommentare“ eröffnet die Möglichkeit, auf aktuelle Themen zu reagieren oder kurze Impulse zu geben. So erläutert Peter Schallenberg in seinem Kurzbeitrag aus moraltheologischer Sicht den Ansatz des Impact Investing in der christlichen Finanzethik, für den sich der Vatikan seit der Sozialenzyklika Laudato si’ einsetzt. Rüdiger Althaus bezieht sich in seinem Kommentar auf die andauernde Debatte zum Umgang mit geistlichem Missbrauch und trägt Erwartungen und Pflichten für verbindliche Vorgaben zum Schutz der Gläubigen im seelsorglichen Kontext zusammen.

Wir hoffen, dass die vielseitigen Beiträge in diesem Heft auf eine interessierte Leserschaft treffen und wünschen eine anregende Lektüre!

Svenja Wesemann
Redaktion

 

Miss Marple in göttlicher Mission? Urteilen und Handeln im Sinne der Bibel.

DE: Der Artikel sucht eine Verbindung zwischen dem Prophetenbuch Amos und Agatha Christies altjüngferlicher, kreativer Detektivin aufzuzeigen. Miss Marple, Prototyp der weisen, wissenden Frau, ein Füllhorn an Erfahrung, Beobachtung und Grundsätzen der Mütter und Vormütter, wird als großartigste aller von Gott je geschaffenen Detektive vorgestellt. In Christies Detektivroman „Nemesis“ (1971) nimmt die Vorstellung der gleichnamigen Rachegöttin oder eher eines Rache­engels im Kampf um Recht und Gerechtigkeit in der Zeit nach den Weltkriegen im England des 20. Jahrhunderts Gestalt an in Christies außergewöhnlicher Spürnase.

EN: The present article provides a study of the connection between the prophetical book “Amos” and Agatha Christie’s ingenious spinster detective Miss Marple. This representative character personifying wisdom and knowledge as a cornucopia of experience, observation, precepts handed down to her from earlier generations is introduced as the finest detective God ever made. In Christie’s detective novel “Nemesis” (1971), set after the world wars in 20th century England, the idea of the revenging goddess, or more likely God’s angel fighting for justice and righteousness, takes shape in Christie’s extraordinary sleuth.

Der Synodale Weg und die Beteiligung des Volkes Gottes an der Bischofswahl. Einige kirchenrechtliche Aspekte.

DE: Der von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken getragene Synodale Weg hat Anfang 2022 den Handlungstext „Einbeziehung der Gläubigen in die Bestellung des Diözesanbischofs“ verabschiedet, der ein seit Jahrzehnten bestehendes Anliegen aufgreift. Dieser Beitrag zeigt die gesamtkirchen- und konkordatsrechtlichen Vorgaben (Abschnitt 1) sowie die ekklesiologischen Ansätze und Argumentationen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) auf (Abschnitt 2), um dann Aspekte der praktischen Umsetzung zu reflektieren (Abschnitt 3).

EN: Early in 2022, the Synodal Path of the German Bishops’ Conference and the Central Committee of German Catholics adopted a text entitled “Einbeziehung der Gläubigen in die Bestellung des Diözesanbischofs” that takes up a request existing for decades. This article discusses the churchwide requirements and the arrangements of concordance law (part 1) as well as the ecclesiological approaches and reasoning after the Second Vatican Council (1962–1965) (part 2), in order to then reflect some aspects of the practical implementation (part 3).

 

Interesse und Profit. Katholische Beurteilung von Impact Investing nach Laudato si’.

DE: Der Beitrag widmet sich auf der Basis jüngerer vatikanischer Impulse zur Finanzethik der Frage, wie das Streben nach Gewinn durch dessen Orientierung an ethischen Parametern der Förderung eines global gedachten Gemeinwohls dienen kann. Im Fokus steht dabei die sozialethische Bewertung und Würdigung des sogenannten Impact Investing, das wirtschaftlichen Profit und sozio-ökologische Benefits auf besondere Weise in Einklang bringt.

EN: On the basis of recent Vatican impulses on financial ethics, this article addresses the question of how the pursuit of profit can serve the promotion of a globally conceived common good through its orientation on ethical parameters. It foucsses on the socio-ethical evaluation and appreciation of so-called impact investing, which reconciles economic profit and socio-ecological benefits in a special way.

Geistlicher Missbrauch. Kirchenrechtliche Aspekte. 

DE: In den letzten Jahren erlangte das Phänomen des geistlichen Missbrauchs verstärkt Aufmerksamkeit, das sich jedoch rechtlich schwer greifen lässt. Dieser kirchenrechtliche Beitrag zeigt einige Anknüpfungspunkte auf, die insbesondere aus den grundlegenden Rechten der Gläubigen resultieren. Sie lassen erkennen, dass die Wahrung der Freiheit des Gläubigen und dessen eigene Verantwortung den Seelsorgenden Maßstab ihres Handelns sein müssen, die es in rechtliche Vorgaben zu überführen gilt.

EN: In the past years, the phenomenon of spiritual abuse has gained increased attention, but its legal assessment is difficult. This canonical article discusses some connecting factors which result especially from the fundamental rights of the faithful. They bespeak that the protection of the believer’s freedom and his or her own responsibility have to be benchmarks for workers in the pastoral care which have to be transformed into juridical standards.

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